Man kommt in ein Alter, in dem einen mütterliche Über-Fürsorge
anfängt zu nerven. Als speziell anstrengend erweist sich in dieser Hinsicht Mordechai
„Motti“ Wolkenbruchs jüdisch-orthodoxe ‚mame‘, die verzweifelt versucht, den Sohn
unter die Haube zu bringen. Motti ist Mitte zwanzig und beziehungstechnisch
absolut grün hinter den Ohren. Seine Mutter fängt an, ihn mit ihren Verkupplungsversuchen
mit ihrer Meinung nach geeigneten Heiratskandidatinnen gewaltig unter Druck zu
setzen. Die romantischen Gefühle, die der Protagonist zeitgleich für eine
nicht-jüdische Mitstudentin – eine Schickse –
entwickelt, verkomplizieren die Mutter-Sohn-Beziehung ziemlich und
führen dazu, dass Motti seinen scheinbar vorgezeichneten Lebensweg in der
Zürcher jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft gründlich überdenkt.
Der Autor streut viele jiddische Ausdrücke ein, die in einem
Glossar erläutert werden. Man gewöhnt sich schnell an die etwas spezielle
Lesart und taucht so noch tiefer in die Welt der matriarchalisch geführten
orthodoxen Familie Wolkenbruch ein.
Thomas Meyer ist mit seinem Erstling ein humorvolles,
unbedingt empfehlenswertes Werk gelungen. Die Lektüre lässt einen mehr als
einmal laut auflachen und lässt sprachlich keine Wünsche offen. Da schreibt
einer, der sein Handwerk versteht!
Der Roman war 2012 für den Schweizer Buchpreis nominiert.
Thomas Meyer: Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse
ISBN: 978-3-905801-59-0
Salis Verlag, 2012
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