im Januar haben wir gemeinsam Stella von Takis Würger gelesen. Das Buch hat für einigen #lesezirkel-Verkehr auf Twitter gesorgt, und auch die deutschen Feuilletons haben sich sehr ausgiebig und kontrovers mit dem Buch beschäftigt (einige Links dazu waren in den erwähnten Tweets enthalten).
Patrick sagt zum Buch:
Was als Geschichte eher leicht dysfunktionalen aber kaum atypischen Familie beginnt, könnte mit der Reise des Protagonisten nach Berlin eine dramatische Wende erfahren. Eine Dramatik welche sich dann aber in der Geschichte nur sehr am Rande widerspiegelt, und von der Blauäugigkeit/Naivität des jungen Mannes sowohl gegenüber dem lebensgewandten SS-Offiziers wie auch der attraktiven Stella weitgehend zugedeckt wird. Da können dann auch die verschiedenen Einsprengsel von Gefahr und Judenverfolgung nicht mehr viel retten, eine eigentliche Auseinandersetzung mit den Vorfällen findet nicht statt.
Es ist mir ein Rätsel, was der Autor mit diesem Buch eigentlich bezwecken wollte. Für eine Reflexion menschlichen Überlebenswillens angesichts unkontrollierbarer Gefahren scheint es mir allzu seicht (da genau diese Reflexion nicht stattfindet), für ein Gegenüberstellen von versuchtem Alltag und realer Gefahr zu banal (da auch die Gefahren nicht wirklich gross Platz im Buch finden). Und meine auf Twitter geäusserte Vermutung, dass der Schreibstil als Spiegelung der etwas gar simplen Weltsicht und des etwas gar naiven Verhaltens des Protagonisten zu sehen ist, überzeugt mich schussendlich selbst nicht so wirklich. Der Stoff hätte, gerade aufgrund der historischen Relevanz, eine bessere Behandlung verdient.
Gespannt bin ich auf die Lesung von Takis Würger am 12. März im Orell-Füssli in Zürich. Vielleicht versteh ich danach mehr über die Motivation des Autors.
Und das meint Seraina:
Etwas verspätet startete ich Mitte Januar und las an einem Wochenende gleich mehr als die Hälfte des Romans auf einmal. Und was soll ich sagen - es las sich angenehm flüssig. Fast im Plauderton. Und dann waren da immer die echten(?) Aktennotizen aus dem Staatsarchiv Berlin. Die kreischten und quietschten in die dahinplätschernde Geschichte als wüste und hässliche Misstöne. Die brachten meinen Lesesfluss doch arg ins Stocken. Nicht selten habe ich an solchen Stellen eine Pause eingelegt.
Je weiter ich las, desto "salopper" kam mir alles vor. Ich habe je länger desto weniger die einzelnen Bestandteile zusammenbringen können und war also sehr gespannt auf das Ende. Wie immer mag ich auch bei diesem Buch den Kunstgriff des Autors nicht so sehr, am Schluss die Zeit schneller laufen zu lassen, resp. zusammen zu fassen. Aber an für sich ist das gewählte Ende in meinen Augen schlüssig und stimmig. Mehr als die vielen kleinen, nicht ganz passenden Puzzleteile weiter vorne.
Wenn man den Roman 'einfach so' liest, ist es eine gute Geschichte, in der von allem etwas vorkommt: Liebe, Hass, Verbrechen, Politik, usw. Das wird aber kaum jemand können, der im Europa nach 1945 grossgeworden ist. Und wenn man das Buch mit 'historischem Blick' liest, passt wirklich eigentlich nichts zusammen, am augenfälligsten nicht die etwas unklare Mischung von wahren Begebenheiten und Fiktion, resp. die verschiedenen Flughöhen.
Wie ist es Euch mit Stella ergangen? Lasst uns auf Twitter mit #schlussfazit #stella und #lesezirkel und im Doodle wissen.
Seraina & Patrick
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